«Weisses Papier ist halt verdächtig»Die Aktion « Urwaldfreundliche Gemeinden» wird von Greenpeace und dem Bruno-Manser-Fonds getragen. Kuno Roth setzt sich als Projektleiter von Greenpeace für die Umsetzung ein.Interview: Barbara Spycher Herr Roth, stammt der Zellstoff im Schweizer Papier wirklich aus tropischen Urwäldern?
Recyclingpapier mache Drucker und Kopierer kaputt. Was sagen Sie dazu? Das ist ein Mythos. In den Achtzigerjahren war das wohl so. Doch heutzutage ist Recyclingpapier in verschiedensten Varianten und sehr guter Qualität erhältlich. Namhafte Hersteller von Kopierern und Druckern empfehlen Recyclingpapier. Stichwort Möbel- oder Bauholz: Sollte man nicht grundsätzlich auf Tropenholz verzichten? Nein. Denn nebst den Grosskonzernen, welche die Urwälder abholzen, ist auch die Bevölkerung dieser Länder daran beteiligt. Diese sind darauf angewiesen, mit dem Rohstoff Holz Handel zu treiben. Wenn wir ihnen sagen, sie sollen die Wälder schonend nutzen, ihnen dann aber das zertifizierte Holz nicht abkaufen, macht das keinen Sinn. Dann werden die Wälder illegal abgeholzt. FSC ist wie das Max-Havelaar-Label, nur halt für Holz. Ein Beispiel: Zertifiziertes Mahagoniholz aus Brasilien kostet 7500 Franken pro Kubikmeter, nichtzertifiziertes, also illegales, 1500 Franken. Wie kontrollieren Sie, ob eine Gemeinde «urwaldfreundlich» ist? Grundsätzlich handelt es sich hier um eine Selbstdeklaration. Wir setzen auf aktive Bürgerinnen und Bürger vor Ort, welche der Gemeinde auf die Finger schauen. Auch die Gemeindebehörden und ihre Fachstelle Umwelt sind verpflichtet, im Rahmen der lokalen Agenda 21 nachhaltige Massnahmen zu unterstützen. Das sagt nicht Greenpeace, das sagt der Bundesrat. Verliert die Bezeichnung «urwaldfreundliche Gemeinde» so nicht an Glaubwürdigkeit? Uns geht es nicht um die «Reinheit der Lehre», sondern um die Selbstverständlichkeit, etwas zu tun, wozu sich die Schweiz verpflichtet hat. Unsere Rolle als Greenpeace ist es, die Gemeinden zu aktivieren. Kontrolle bedeutet viel administrativen Aufwand. Das ist nicht unsere Aufgabe. Welches sind die Schwierigkeiten, «urwaldfreundliche Gemeinden» zu finden? Das Desinteresse oder das «Wir haben schon genug zu tun». Auch die Kostenfrage ist oft ein Scheinhindernis. Bei der Umstellung auf Recyclingpapier ist das kein Problem, da es nicht teurer ist als konventionelles. Werden zusätzlich Papiersparmassnahmen eingeführt, kann sogar Geld gespart werden. Der Kanton Genf spart so jährlich 200'000 Franken. FSC-Holz hingegen ist noch etwas teurer als unzertifiziertes. Ausnahmsweise kann man auch unzertifiziertes Schweizer Holz verwenden. Das ist preisgünstiger als zertifiziertes Holz, aber trotzdem urwaldfreundlich. |
WORBGreenpeace ehrt die GemeindeGreenpeace schenkte Worb eine Eiche. Denn Worb gehört zu den 75 «urwaldfreundlichen» Gemeinden im Kanton.Die junge Eiche im Zentrum Sperlisacker ist gepflanzt. Ein Geschenk von Greenpeace und dem Bruno-Manser-Fonds an Worb. Der Grund: Worb soll für ihren Einsatz als «urwaldfreundliche» Gemeinde geehrt werden. Gemeindepräsident Peter Bernasconi zeigt sich erfreut: «Stellen Sie sich diesen Punkt hier in 30 Jahren vor: eine schöne Eiche in dieser schönen Landschaft.» Ökologisches HolzSeit bald sechs Jahren ist Worb nun «urwaldfreundlich». Will heissen: Die Gemeinde verzichtet auf Holz und Papier aus Raubbau. Stattdessen wird einheimisches Holz und Recyclingpapier verwendet. Schweizweit gelten 397 Gemeinden als «urwaldfreundlich». Im Kanton Bern sind es 75. «Die Zerstörung der Urwälder hat globale Auswirkungen», erklärte Gemeindepräsident Bernasconi gestern an der öffentlichen Ehrung. Auswirkungen, die auch Worb zu spüren bekomme - beispielsweise durch Klimaveränderungen. «Für eine Gemeinde ist es deshalb wichtig, sich für den Regenwald zu engagieren», so Bernasconi. Worb weibelt in Umgebung«Wir machen aus Überzeugung an dieser Aktion mit und empfehlen anderen Gemeinden, sich ebenfalls daran zu beteiligen», sagt Bernasconi. So hat Worb bei 10 benachbarten Gemeinden mit einem Brief für die Aktion «Urwaldfreundlichkeit» geweibelt. «Ob sie mitmachen, weiss ich aber noch nicht», sagt der Worber Gemeindepräsident. RAHEL MEILE |