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Presseschau Worb/Rüfenacht und Umgebung

Diese Pressesschau ist unvollständig, unausgewogen und wird sporadisch ergänzt

Mix & Copyright: H.U. Steiner

Personen aus Worb/Rüfenacht

BZ, 13. April 2002

Forschung als Jungbrunnen

Ernst Aebi ist mit 90 Jahren der Älteste im Team, das die Worber Ortsgeschichte rekonstruiert. Die Arbeit mit den Jungen erhalte ihn jung. Seine Leidenschaft ist die Eisenbahn im Worblental.

Urban Caluori

Ernst Aebi ist 90 Jahre alt und ein gewissenhafter Mensch. Auf einem Zettel, klein wie ein Bierdeckel, hat der Senior im Team der Worber Historiker aufgelistet, was er dem Besucher erzählen will: welchen Teil der Worber Ortsgeschichte er rekonstruiert. Wie es ist, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die seine Enkel sein könnten. Wie er zur Geschichtsforschung gekommen ist. Und überhaupt.

Ernst Aebi setzt sich in den Sessel im Wohnzimmer an der Worber Vechigenstrasse. Auf dem Fensterbrett blühen Tulpen und Orchideen, in den Bücherregalen stehen der gesammelte Tavel, Gotthelf, die Hugenottenkriege und die Berner Heimatbücher: «Total veraltet», lacht seine Frau Heidi Aebi und reicht ihrem Mann die Brille, auf dass er seine Schrift auf dem Zettel entziffern könne.

90 Jahre auf einem Zettel

Ernst Aebi liest. Vom Bierdeckelzettel entfalten sich 90 Jahre Leben. Er erzählt, wie er 1932 das Lehrerseminar Hofwil mit dem Patent in der Tasche und ohne Hoffnung im Herzen verliess («von Stelle keine Rede»). Wie er im folgenden Jahr einen Job in Aarwangen fand. Wie er 1934 ein Wintersemester lang an der Pariser Sorbonne den Französischkurs belegte («etwas vom Schönsten, das ich gemacht habe»). Und wie er 1938 eine Stelle als Sekundarlehrer in Wiedlisbach bekam und bis zum Kriegsende blieb. Deutsch, Französisch, Pädagogik und Turnen waren als Lehrfächer obligatorisch. Als Freifächer wählte er Englisch und Geschichte. «Für sie hatte ich immer schon ein Flair», sagt er. «Mich interessiert, wie es zu Veränderungen kommt und welche Menschen dabei die Führung übernehmen.»

25 Praktikanten hat er in den 12 Jahren als Sekundarlehrer ausgebildet. «Ich war immer von jungen Menschen umgeben», sagt Ernst Aebi. Damals waren es Schüler. Heute sind es seine Gross- und Urgrosskinder. «Wir haben ein wunderbares Verhältnis.» Das sei auch unter den Historikern so. Im Worber Projekt seien alle per Du. «Das erleichtert vieles», sagt er. Heidi Aebi lacht: «Die Arbeit mit den Jungen erhält ihn jung.»

Erfrorener Zeh

Ernst Aebi liest längst nicht mehr von seinem Zettel ab. Er erzählt. Wie er 1939 Militärdienst leistete. Wie er auf der Neuenegger Sensebrücke erfuhr, dass Hitler in Polen einmarschiert war. Dann machte die Schweiz für den Krieg mobil. Vierzehn Monate und einen halben leistete er Dienst. Kehrte mit einem erfrorenen Zeh aus Frutigen nach Hause, nach Wiedlisbach, zurück. Von da fuhr Ernst Aebi oft mit dem Zag nach Bern. «Damals ist mein Interesse an der Eisenbahn erwacht», sagt er: Jetzt sucht er nach Dokumenten im Staats- und in den SBB-Archiven, rekonstruiert die Geschichte der Eisenbahn im Worblental. «Er ist von seiner Arbeit begeistert», sagt Heidi Aebi.

Als der Besuch sich verabschieden will, bittet sie ihn zum Fenster. «Hier geht keiner raus, bevor er nicht einen Blick auf unseren Apfelbaum geworfen hat», sagt sie. «Er wird zusammen mit uns beiden alt.»

FORSCHUNG

Ausgebremst

«Das ist Teufelszeug», sagten die Worber Bauern über die Eisenbahn. Ihr Widerstand gegen ein Eisenbahnprojekt Ende des 19. Jahrhunderts beeinflusste die Entwicklung der Gemeinde entscheidend. Das zeigt Ernst Aebis Artikel zur Geschichte der Eisenbahn im Worblental. Die Bauern fürchteten um ihr Land und um die Konkurrenzfähigkeit ihrer Produkte gegenüber günstiger Handelsware. Sie liessen das Projekt scheitern und verhinderten so den Gütertransport ins Worblental. «Damals wurden die Weichen gestellt, dass sich Worb zur Pendlergemeinde entwickelte», sagt dazu Projektleiter Heinrich Schmidt.

uca/bw

Berner Landbote, 5. Juli 2001

Wenn Kunst in Flammen aufgeht...

Statt überzähliges Lotharholz verfaulen zu lassen, fertigt ein Worber Landwirt aus Holzstücken kunstvolle Finnenkerzen.

Matthias Engel

Wenn der Worber Bauer und Waldbesitzer Christian Bernhard seine Motorsäge aufbrummen lässt, sägt er seine Baumstücke nicht immer nur zu Arbeitszwecken entzwei. Seit rund einem Jahr fertigt er nach Lust und Laune aus 1-Meter-grossen «Rugeln» (laienhaft ausgedrückt: runde Holzstammstücke) Holzskulpturen mit verschiedensten Sujets: Sterne, Schwurhände, Schweizer Kreuze, Tannen und Flammen. Doch trotz der verschiedenen Holzbilder, schlussendlich wird jedes Holzstück zu einer Flamme, sind die Kunstwerke doch anzuzündende Finnenkerzen. Zwischen zwei bis vier Stunden brennt so eine Kerze, je nachdem wie trocken das Holz ist. Meist verwendet Christian Bernhard Lärchenholz, das nach dem Lotharsturm auch besonders zahlreich liegen geblieben ist. «Ich nutze für die Finnenkerzen nur Rugel, die sonst höchstens als Brennholz verwendbar wären.» So brennt dieses Holz nun halt in schönerer Form als eigentlich vorgesehen.

Weniger als 1 Stunde

«Die Idee für diese Kunstwerke stammt nicht von mir. Eine Bekannte hat mich vor rund einem Jahr dazu angeregt, doch einmal Finnenkerzen zu machen», erinnert sich Christian Bernhard. Er sei skeptisch gegenüber der Idee gewesen, ja habe damals nicht einmal gewusst, was denn Finnenkerzen überhaupt seien. «So nahm ich einfach ein paar 1-Meter-Rugel, begann daran herumzusägen», erzählt Christian Bernhard weiter. Er habe lange herumgetüftlet, wie gross die Einschnitte in das Holz denn nun sein sollten, so dass die Rugel möglichst lange brennen. Auf die Weihnachtszeit zu kam ihm dann die Idee, die Kerzen noch schöner zu gestalten und mit Figuren zu versehen, beispielsweise mit einen Stern. «Grundsätzlich benötige ich für die Bearbeitung eines Rugels 10 Minuten, das Schaffen eines Sujet dauert etwa 45 Minuten.» So entstünden beachtliche, aber halt nicht ganz exakte Werke. «Schliesslich bin ich kein Künstler, sondern Bauer. Der zeitliche Aufwand für die Anfertigung der Finnenkerzen muss sich daher in einem vernünftigen Rahmen bewegen», meint Christian Bernhard.

1. August-Feiern

Bisher hat der Worber Bauer ungefähr 60 Finnenkerzen verkauft, die meisten davon am Worber Weihnachtsmärit. Er hofft nun, auf den 1. August hin einige Firmenkerzen mit vaterländischen Symbolen, wie dem Schweizer Kreuz oder der berühmten Schwurhand verkaufen zu können. Sechs Stück jedenfalls hat sich die Gemeinde Worb gesichert, welche sie bei der Bundesfeier am neuen Bärenplatz aufstellen will. in Zukunft möchte er noch viel mehr experimentieren, grössere Rugel bearbeiten, andere Figuren schaffen, weitere Holzarten auf Brauchbarkeit testen. «Finnenkerzen zu sägen macht mir einfach Spass... als Hobby eben.» Christian Bernhard will so trotz beachtlicher Kunstfertigkeit nämlich in erster Linie ganz klar Bauer sein.

Landbote, 4. Sept. 2003

Worb

Willkommen auf dem Hubel

Im Reit- und Pensionsstall von Niklaus Bernhard haben verschiedenste Rassen und Reitweisen ihren Platz.

Silvia B. Elmer

Wer von Worb nach Wattenwil-Bangerten fährt, entdeckt oberhalb des Schlosses die Reitanlage von Niklaus und Doris Bernhard, wo sich täglich Pferde auf den Weiden tummeln. Viele Worberinnen und Worber haben hier ihre ersten Reiterfahrungen gemacht, und neben dem Reitschulbetrieb bieten Bernhards seit 1985 Pension für Sport- und Freizeitpferde an. Die Infrastruktur umfasst grosszügige Weiden, ein Sandviereck, einen Springplatz und eine Führanlage. Im ganzen sind ungefähr 40 Reitschul-, Pensions- und Aufzuchtpferde in Auslauf-, Aussen- oder Innenboxen untergebracht. Zum Hubel-Team gehören Veronika Häusler, dipl. Bereiterin und J&S-Leiterin ll, Tanja Flühmann, Oliver Leu und Heinz Rothenbühler - alles Mitarbeiter, die sich mit Freude und Engagement für den reibungslosen Hofbetrieb einsetzen.

Laut des Hubel-Chefs Niklaus Bernhard liegen die Stärken des Betriebes in der artgerechten Haltung mit täglichem Auslauf, einer angepassten Fütterung jedes Tieres und der individuellen Betreuung durch ein kompetentes Team. Neben Reitstunden bis zum Brevet für Kinder und Erwachsene gibt es geführte Ausritte, auf ein gutes Echo stossen auch die Ferienkurse, wo den Kindern ausser Praxis theoretisches Wissen vermittelt wird.

Mit «My Horse» haben Bernhards eine Marktlücke entdeckt: Hier, hat man die Möglichkeit, eines der Pferde als Favoriten zu wählen und für eine Monatspauschale täglich zu reiten; ausser den täglichen Ausritten werden zusätzliche Reitlektionen offeriert. Vor allem Erwachsene schätzen diese Variante, die so ein «eigenes Pferd» reiten können, ohne gleich eines anschaffen zu müssen. Einzige Bedingung: Pferd und Sattelzeug müssen korrekt und sauber abgegeben werden. Weiter werden junge Pferde ausgebildet, d.h. anlongiert, angeritten und nach der Dressurausbildung eingesprungen; das Reiten im Gelände gehört dazu. Beliebt sind auch die Rösslifahrten mit dem Gesellschaftswagen oder dem Break, gezogen von zuverlässigen Freibergern.

Die Spezialisierung

Seit fünf Jahren betreiben Veronika Häusler und Niklaus Bernhard Distanzrennsport bis auf internationales Niveau. Beide haben schon erfolgreich an Rennen von 30 bis 160 Kilometern teilgenommen und auch Siege errungen; heute betätigt sich der Chef vorwiegend als Coach und Sponsor. Zur Zeit stehen sieben Pferde im Training, mit denen beide aus Idealismus an den Rennen teilnehmen, da man damit kein (Preis)-Geld verdienen kann, sondern meistens eine weite Reise, verbunden mit hohen Kosten und Mühe, auf sich nehmen muss.

Einsatz für die Umwelt

Seit der Gründung ist Niklaus Bernhard im Vorstand von «Pferd + Umwelt Amt Konolfingen», da es ihm ein wichtiges Anliegen ist, dass die Reiter rücksichtsvoll anderen «Naturgängern» begegnen, den Bodenverhältnissen angepasst reiten und keine Landschäden verursachen. In Zusammenarbeit mit den Landwirten werden Tafeln aufgestellt, damit schonungsbedürftige Wege gemieden werden und so Reitverbote verhindert werden können. Es ist Bernhards Ziel, dass sich alle «seine» Reiterinnen und Reiter dem Kodex entsprechend verhalten.

Weitere Infos bei: 
Niklaus Bernhard, Tel. 031 839 31 38, Natel 079 302 09 69,
reitstallhubel@mydiax.ch.

Landbote, 5. Oktober 2006

Worb/Rüfenacht

Nachruf Hans Burger

Am 18. September starb Hans Burger im Alter von 89 Jahren. Er war der letzte nebenamtliche Gemeinderatspräsident der Einwohnergemeinde Worb. Dieses Amt übte er von 1965 bis 1972 aus. Er vertrat die damalige Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei BGB (heutige SVP) in der Worber Exekutive.

In der Zeit seines Präsidiums entstand aus dem ehemaligen Bauerndorf Rüfenacht der heutige vorstädtisch geprägte Siedlungskern. Hans Burger unterstützte diese Entwicklung. Später engagierte er sich sehr stark für den Bau des Kirchlichen Zentrums Sperlisacker in Rüfenacht. Bei diesem Vorhaben war er als Initiant und später als Präsident der Baukommission aktiv.

Hans Burger engagierte sich auch für die neuen Worber Behördenstrukturen mit Parlament und vollamtlichem Gemeindepräsidium, die nach seinem Ausscheiden als Gemeinderatspräsident eingeführt wurden. Bis zuletzt war Hans Burger noch im Worber Vereinsleben aktiv. So war er noch Gründungspräsident des Vereins Seniorinnen und Senioren helfen Senioren und Seniorinnen VseSe.

Der Gemeinderat von Worb dankt Hans Burger für sein langjähriges Wirken im Dienste der Öffentlichkeit und spricht den Angehörigen sein tiefempfundenes Beileid aus.

Für den Gemeinderat Worb
Peter Bernasconi Gemeindepräsident

BZ, 17. Oktober 2003

UTZIGEN

Ein ganzes Jahrhundert

Rosa Choffat blickt auf ein langes, bewegtes Leben zurück. Heute kann sie in Utzigen ihren 100. Geburtstag feuern

«Ich hätte nie gedacht, dass ich 100 werde», sagt Rosa Choffat-Rüfenacht. 1903 wurde sie in Rüfenacht als Erste von zehn Geschwistern geboren. An ihre Jugend erinnert sie sich noch gut. Das erste Auto, das erste Telefon, an die Fahrt mit dem Fuhrwerk nach Bern und wie sie am Bärengraben die Pferde halten musste, weil diese die Bären rochen. In Bern, wo sie Ende der 20er-Jahre als Krankenschwester arbeitete, lernte sie ihren Mann kennen. Mit ihm kehrte sie nach Rüfenacht zurück und leitete dort über 30 Jahre einen Gemischtwarenladen. Viele Menschen hat sie kennen gelernt und viele verloren. Ihr Mann starb vor 20 Jahren, von ihren Geschwistern lebt noch eine Schwester. Aber sie fühlt sich nicht einsam: «Es kommen ja wieder neue dazu.» Kinder, Enkel, Urenkel.

Anfang 2002 musste sie ihre Wohnung aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Heute lebt sie im Wohn- und Pflegeheim Utzigen. Sie will sich nicht beklagen: «Mir geht es gut, ich weiss, wo ich herkomme und wo ich hingehöre.» Ihre Wünsche sind bescheiden: «Ein gemütliches Leben und Frieden mit allen Menschen.» Wie sie fröhlich so alt geworden ist? «Eifach läbe! », sagt sie und lacht.

vet

Radiomagazin, Oktober 2004

MARTIN CHRISTEN

"Ich wollte noch einmal etwas Neues beginnen"

Martin Christen war Inland- und Nachrichtenchef bei Radio DRS. Jetzt ist er mit Leib und Seele Redaktionsleiter der Lokalzeitung «Worber Post».

Worb-SBB - Vielbringen - Rüfenacht - Worb-Dorf: Das ist ein kleiner Kehr durch die sanfte Landschaft im nahen Südosten von Bern. Mit Martin Christen wird die kurze Fahrt zu einer Entdeckungsreise: Unter diesem Mais-Acker fand er als Hobbyarchäologe römische Münzen, was Schlagzeilen machte; in jenem Haus dort wohnt der Kampfkandidat für die Wahl ums Gemeindepräsidium; dort drüben, im Schlössli in der Nachbargemeinde, hat sich Winston Churchill 1946 mit dem Bundesrat unterhalten.

Martin Christen gibt der Gemeinde Worb ein Gesicht und eine Stimme - mit der «Worber Post».

Christen arbeitete 30 Jahre lang in der ersten Liga der Branche: Er war Chef des Ressorts Inland und stellvertretender Chefredaktor der Schweizerischen Depeschenagentur in Bern. Ab 1988 wirkte er bei Schweizer Radio DRS als Inland-Chef, danach als Leiter der Nachrichtenredaktion. In diesen Funktionen verantwortete er die «grossen Kisten» und die aktuelle Tagesinformation für ein Millionenpublikum. Nachrichtenjournalismus beim Radio heisst: Im Stundentakt muss die Nachrichtenlage der Welt neu geordnet, bewertet und gewichtet werden.

2001 hatte Martin Christen genug. «Ich wollte noch einmal etwas Neues beginnen», sagt Martin Christen, «die Zeit war reif.»

Jetzt ist Christen «Profi-Worber», Organisator von Grossanlässen, «Worbbuch-Macher», Schreiber für das regionale Internetportal Bern-Ost und eben Redaktionsleiter der «Worber Post». In 15 Ausgaben im Jahr wird berichtet über Gemeindepolitik, Sport und Kultur, Klatsch und Tratsch, die Weltreise einer jungen Worberin; dazu kommen Veranstaltungshinweise und amtliche Mitteilungen.

Keine lange Zeit nach weltweiten Nachrichtennetzen, nach der journalistischen Arbeit für ein Millionenpublikum beim Radio, Martin Christen? «Überhaupt nicht, nein. Mein Publikum sind jetzt die 11'000 Worberinnen und Worber, und das sind 11'000 Expertinnen und Experten.» Das sei das Schöne im Lokaljournalismus: «Du hast ein direktes, ehrliches Feedback. Die Leserinnen und Leser können alles, was in der Zeitung steht, sofort und an Ort und Stelle nachprüfen.»

Martin Christen glaubt an die Zukunft der Lokalzeitungen. «je anonymer und virtueller das Leben wird, desto grösser ist das Bedürfnis nach Heimat, nach Verwurzelung und damit auch nach Informationen über das Lokale.»

Wirklich keine lange Zeit nach dem Radio? Kurze Pause, dann sagt Martin Christen bedächtig: «Manchmal etwas Nostalgie, wenn ich etwa die grossen Sendungen an einem Abstimmungssonntag höre. Aber sonst - nein, keine lange Zeit. Bloss die Kolleginnen und Kollegen aus dem Nachrichtenteam, die vermisse ich manchmal schon.» Hin und wieder treffe man sich, ab und zu gebe es ein Feierabendbier - natürlich in Worb.

Hanns Fuchs

Der Bund, 19. Januar 2002

IM PROFIL

Bier auch im Winter

MAX EGGER (48)

ist Braumeister der Brauerei Egger in Worb. Im Winter wird auch gebraut, doch mit gedrosselter Produktion. Egger trinkt jeden Tag Bier, aber nie während der Arbeitszeit. Seiner Meinung nach ist Bier, in einer vernünftigen Menge getrunken, sogar gesund.

«Jetzt, im Winter, haben wir eine relativ ruhige Phase. Es wird zwar Bier gebraut, aber viel weniger als in der warmen Zeit. Es dauert zwei Monate, bis das Bier in der Flasche ist, deshalb kann die Produktion nicht gestoppt werden. Wir hoffen auf einen guten Frühling mit ersten Gartenfesten - Grillieren gibt Durst.»

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«In der Brauerei habe ich als Braumeister vor allem Kontrollfunktion. Ich bin auch für den Einkauf der Rohstoffe und die Rezepturen zuständig. Es kommt aber selten vor, dass ich ein neues Bier entwerfe. Denn bei einer neuen Kreation muss wirklich ein Unterschied im Geschmack zu merken sein.»

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«Hier in unserer Brauerei halten wir noch richtige Brauereipferde, mit denen wir täglich Bier ausführen. Für mich gehören Pferde einfach zu einer Brauerei. Wir haben Schwarzwälder, das sind kräftige, temperamentvolle Tiere. Gestern haben wir sie sogar eingespannt, um ein neues Stromkabel zu ziehen, das in den Boden verlegt wurde.»

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«Das Ansehen des Biers hat sich verändert, in den letzten Jahren verlor Bier sein Büezer-Image. Seit Jahrzehnten wird versucht, Frauen vermehrt zum Biergenuss zu animieren. Ich empfehle den Damen jeweils unser Zwickel-Bier, da es viel Hefe enthält. Das wirkt blutreinigend und gibt einen feinen Teint. Auch Honigbier wird von Frauen geschätzt, es ist süsser im Geschmack.»

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«Das Klischee, dass zu einem Bier Fussball und Chips gehören, entspricht schon ein wenig der Realität. Doch dass Bier dick macht, stimmt nicht: Es fördert den Appetit, und wenn vor dem TV Chips und Salznüssli verschlungen werden, ist dann halt ein Bierbauch die Folge. In vernünftigem Mass getrunken, ist Bier sogar gesundheitsfördernd.»

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«Ich trinke jeden Tag einen halben bis einen Liter Bier; bei mir ist es ein Zeichen von Krankheit, wenn ich keines mehr trinken mag. Während der Arbeitszeit trinke ich jedoch gar nichts. Abends lasse ich den Tag mit meiner Frau bei einem Bier Revue passieren. Das gehört bei uns dazu wie das Amen in der Kirche. Wir trinken meistens ,Maximus`, ein helles, leichtes Bier. An Ostern und Weihnachten geniessen wir ein Bockbier. Bier hat eine beruhigende Wirkung, es ist angenehmer einzunehmen als Schlaftabletten.»

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«Das Trinkverhalten im Allgemeinen hat sich verändert, vor zehn Jahren sah man am Mittag noch öfter jemanden ein Bier trinken. Wein ist eher ein Prestigegetränk, das zu einem schönen Essen dazugehört. Spirituosen werden vermehrt auch von Jugendlichen getrunken, diese sprechen aber auch auf Modegetränke an.»

GESPRÄCH: DOMINIQUE EVA RAST

BZ, 18. August 2001

PFLEGEKINDER-AKTION

Gfellers sind eine offene Familie

Wenn bei Gfellers alle zu Hause sind, sitzen zehn Personen am Stubentisch: Vater und Mutter, die fünf eigenen Kinder sowie die drei Pflegekinder. Das Zusammenleben ist nicht immer einfach.

Lucia Probst

«Hallo, ich bin wieder da.» Der fünfeinhalbjährige Michi kommt an diesem Donnerstagmorgen kurz vor zwölf aus dem Kindergarten zurück. In der Hand hält er seinen Rucksack. «Hängst du den bitte gleich auf?», bittet ihn seine Pflegemutter Brigitte Gfeller. Das wird gemacht, und schon ist der kleine Bub mit Zahnlücke und den dunkelbraunen Kulleraugen verschwunden.

Nach und nach kommen auch Nicole, Amos, Benedict, Samuel, Ideon (Name geändert) und Lorana von der Schule nach Hause, während der Älteste von allen, der 18-jährige Ruben noch Ferien hat.

Ausnahmsweise ist auch Vater Niklaus, der am Stadtberner Neufeld-Gymnasium Physik unterrichtet, zum Mittagessen da. Wenn bei Gfellers alle zu Hause sind, sitzen zehn Personen am Familientisch: Vater und Mutter Gfeller, ihre fünf eigenen Kinder sowie die drei Pflegekinder Michi, Nicole und Samuel.

Zuerst Schnupperbesuch

Die 8-jährige Nicole und ihr fünfeinhalbjähriger Bruder Michi kamen vor ziemlich genau einem Jahr als Pflegekinder nach Rüfenacht. Ihr allein erziehender Vater konnte die Betreuungsaufgaben nicht mehr übernehmen. Anfang Sommerferien sei von der Pflegekinder-Aktion die Anfrage gekommen, ob sie die beiden Kinder bei sich aufnehmen möchten, blickt Niklaus Gfeller zurück.

Nicole und Michi machten für zwei Tage einen Schnupperbesuch, dem der Umzug nach Rüfenacht folgte. «Als Erstes machten wir eine Kissenschlacht», erinnert sich Nicole heute an ihren Einzug. Für die Abc-Schützin stand sogleich der erste Schultag an. Nicht zuletzt wegen der bevorstehenden Einschulung habe damals alles so schnell gehen müssen, erklärt Niklaus Gfeller und meint: «Nicole ist ein sehr aufgestelltes und lebendiges Kind. Sie fand sich trotz allem rasch gut zurecht.»

Wochenende beim Vater

Auch Michi hat sich inzwischen gut eingelebt. Seit einer Woche besucht er in Vielbringen das erste Kindergartenjahr. Und er geht gerne hin, Anne-Sophie und Pascal kannte er schon, und die Geschichte vom kleinen Tigerli, das ein Velo geschenkt erhielt, hat ihm an diesem Morgen auch gut gefallen.

Die Wochenenden verbringen Nicole und Michi jeweils bei ihrem leiblichen Vater, und in den Sommerferien waren beide für drei Wochen bei ihm.

Zehn Monate altes Baby

Schon viel länger als Michi und Nicole wohnt Samuel bei den Gfellers - er kam im Herbst 1996 als zehn Monate altes Baby nach Rüfenacht. Bis vor einem Jahr kehrte auch er nur an den Wochenenden zu seiner Mutter zurück. Jetzt ist er noch tagsüber bei den Gfellers und übernachtet einmal pro Woche. Ansonsten ist er bei seiner Mutter.

Angefangen hat alles mit einem Ferienkind aus Deutschland, das jeweils im Sommer für fünf Wochen bei den Gfellers zu Besuch war. Das brachte Brigitte und Niklaus Gfeller schliesslich auf den Gedanken, ein Pflegekind in ihre Familie aufzunehmen. Brigitte Gfeller schlug das Telefonbuch auf und stiess auf die Pflegekinder-Aktion Bern. Vor fünf Jahren besuchten sie einen dreitägigen Vorbereitungskurs für Pflegeeltern und meldeten sich als Pflegeeltern an.

Integration fordert heraus

Das Verhältnis zwischen den eigenen und den Pflegekindern ist nicht immer unproblematisch: «Das Baby haben unsere Kinder damals gut aufgenommen. Nicole und Michi waren schon grösser und brachten mehr Eigenheiten mit, doch inzwischen sind sie voll integriert», erzählt Brigitte Gfeller.

Als ausnehmend gut bezeichnen die Pflegeeltern ihr Verhältnis zu den leiblichen Eltern. Darüber sind beide sehr froh, denn das sei bei weitem nicht immer so, erzählt Niklaus Gfeller von Erfahrungen, die ihm andere Pflegeeltern schilderten.

Der Bund, 9. Februar 2002

IM PROFIL

Aufgeweckt im Postauto

RUEDI KREBS (45)

aus Worb ist seit 14 Jahren Postautochauffeur. Erfährt am liebsten über den Frienisberg nach Aarberg. Krebs mag Frühdienste, für die er bereits um vier Uhr aufstehen muss. Den Kontakt mit seinen Fahrgästen schätzt und pflegt er.

«Früher bin ich Lastwagen gefahren und war wochenlang im Ausland. Doch seit ich eine Familie habe, fahre ich Postauto, denn es ist mir wichtig, jeden Abend zuhause zu sein. Ich muss nun vorsichtiger fahren als früher und zum Beispiel aufpassen, dass es die Kinderwagen in den Kurven nicht zu sehr herumschüttelt.»

«Auch wenn es hin und wieder schwierige Fahrgäste gibt, gefällt mir mein Beruf. Manchmal macht es mir Mühe, wenn die Leute meinen Gruss nicht erwidern oder sich nicht verabschieden. Je näher ich der Stadt komme, desto anonymer wird es. Ich kann damit umgehen, aber es stellt mich schon auf, wenn sich jemand beim Aussteigen bedankt oder mir einen schönen Tag wünscht.»

«Viele Leute kenne ich und weiss, ob sie ein ,Bäre-Abi` haben oder nicht. Ich habe auch schon ein Auge zugedrückt, wenn es jemand vergessen hat. Es gilt, einen Mittelweg zu finden, nicht stur und trotzdem korrekt zu sein.»

«Die Route von Bern über den Frienisberg nach Aarberg fahre ich besonders gerne. Im Winter stellt diese Strecke eine besondere Herausforderung dar, vor allem, wenn Schnee liegt. Manchmal muss ich Ketten montieren. Da haben die Fahrgäste dann Verständnis, wenn ich nicht ganz pünktlich am Ziel ankomme. Sonst reagieren sie manchmal unfreundlich. Es ist nicht immer einfach, den Fahrplan einzuhalten, auch wegen der Anschlüsse auf andere Linien. Mir macht dieser Druck noch nicht viel aus. Doch ich kenne Kollegen, die damit Mühe haben.»

«Auf dem Frienisberg gibt es ein Altersheim. Die älteren Menschen setzen sich oft vorne rechts in den Wagen, um ein bisschen mit mir plaudern zu können. Ich habe auch schon einem älteren Herrn Handschuhe aus unseren nicht abgeholten Fundsachen geschenkt. Wenn ich am Wochenende spät abends fahre, kommt es vor, dass Leute einnicken. Aber ich kenne ja viele meiner Kunden und weiss etwa, wo sie jeweils aussteigen. So wecke ich sie dann und frage nach, ob sie nicht aussteigen müssten.»

«Die Arbeitszeiten sind unregelmässig, aber ich habe mich daran gewöhnt. Am liebsten habe ich Frühdienste, denn es fällt mir leicht, schon um vier Uhr aufzustehen. Für meine Familie gehört es einfach dazu, dass ich Schicht arbeite. Wenn eine Schicht ganz ungünstig liegt, kann ich sie auch abtauschen. Denn wir Chauffeure haben es gut untereinander. Wir haben auch sehr tolerante und korrekte Chefs. Das Abtauschen ist für mich praktisch, wenn ich an einen Lauf will, denn in meiner Freizeit halte ich mich mit Joggen fit und bestreite auch Marathon und Waffenläufe.»

GESPRÄCH: DOMINIQUE EVA RAST

Landbote, 20. Februar 2003

Der lange Weg zur Form

Der Worber Thomas Liebe ist ein international anerkannter Industrie-Designer. Er hat Milch und Kaffeerahm die richtige Form gegeben.

Matthias Engel

Kaffeekränzchen bei Frau Burger. Die Schwester ist da, die Nachbarin und die Kollegin aus dem Turnverein. Frau Burger schenkt Kaffee ein und fragt: «Milch, Kaffeerahm?» «Milch gerne» wünscht die Nachbarin, doch oh Schreck, die Schere, um die Packung aufzuschneiden, fehlt. «Hm, wo hab ich die nur. Warte, ich such schnell in der Küche.» «Nein, schon gut Marianne, ich nehme Kaffeerahm.»

Und so öffnet die Nachbarin die kleine Flasche und hält sie über die Tasse. Heraus tropft Rahm - doch wegen dem verkrusteten Ausguss fallen auch vertrocknete Brocken in den Kaffee. Frau Burger verwirft die Hände: «Es tut mir leid, das nächste Mal gehen wir wieder ins Café.»

Damit es solche Pannen beim gemeinsamen Kaffee künftig nicht mehr gibt, tüftelt der Worber Thomas Liebe seit Jahren an möglichst idealen Formen für Gegenstände des alltäglichen Bedarfs wie Bonbondöschen, Transportpaketen oder eben Kaffeerahm- und Milchflaschen herum. Meist im Auftrag von grossen Unternehmen gestaltet der Industriedesigner, so seine Berufsbezeichnung, möglichst kunden- und produzentenfreundliche Produkte. Ein modernes Aussehen ist dabei jeweils auch wünschenswert, kommt aber erst an zweiter Stelle. Seine Tätigkeit erfolgt meist in enger Zusammenarbeit mit den übrigen am Produktions- und Vertriebsprozess Beteiligten, also zum Beispiel Ingenieuren oder Marketingfachleuten.

Sinn für Ästhetik, Ergonomie und viel Kreativität, aber auch ein Blick für das Machbare und insbesondere das Finanzierbare sind unabdingbare Voraussetzungen für einen erfolgreichen Industrie-Designer.

Eigene Firma

Thomas Liebe scheint all diese Vorgaben zu erfüllen, denn nur wenige Jahre nachdem er sich selbständig gemacht hat indem er 1996 den Ein-Mann-Betrieb Ad Rem Design AG gründete, ist er mit Erfolg international als Industriedesigner tätig.

Schon fast unzählige Male hat Thomas Liebe mit seinen Verpackungsideen Preise wie den Swissstar gewonnen. Doch so sehr er Auszeichnungen schätzt, die wahren Erfolge sind dann, wenn sich ein entworfenes Produkt auf dem Markt durchsetzt.

Tropffreier Kofferraum

So wie die Kaffeerahmflasche, die er 1997 im Auftrag der Aargauer Zentralmolkerei entwickelt hat. Er war dabei wohl der erste Industriedesigner, der aktiv Hintergrundwissen sammelte. Schliesslich mussten viele Punkte beachtet werden, als der Entwurf zweier Flaschen mit den Füllmengen 2,5 Deziliter und 5 Deziliter gefordert wurde.

Die Form musste eigen, der Rahm musste tropffrei auszugiessen, die bestehenden Ressourcen in der Produktion weiter verwendbar und der Transport möglichst mit wenig Energieaufwand möglich sein. Thomas Liebe setzte sich ausführlich mit dem Produktionsablauf auseinander, ging mit einem Messband durch die Fabrikationshalle, kletterte in den Anlagen herum, sprach mit allen, die an der Produktion oder dem Vertrieb der Flaschen beteiligt waren.

Schliesslich fiel der Entscheid, die erste Leichtglasflasche zu lancieren. Nun galt es, die einzelnen Flächen und Punkte aufeinander abzustimmen, den optimalen Durchmesser zu bestimmen und vor allem eine Mündung zu kreieren, die ein möglichst schnelles Rahmausgiessen ohne Abtropfen ermöglicht.

Lange tüftelte Thomas Liebe - mit grossem Erfolg, noch immer ist die Kaffeerahmflasche gefragt im Verkauf, dass Design wirkt dabei bei aller Konzentration auf die optimale Nutzung immer noch zeitgemäss.

Milchflaschen

Ganz schön frech wirken auch die Formen der neuen PE-Flaschenfamilie, in der seit wenigen Monaten die Milchprodukte der Aargauer Zentralmolkerei in den Regalen stehen. Auch hier war Thomas Liebe der Entwickler.

Ob die Fläschchen und Flaschen nun 0,2 oder 1,5 Liter fassen, durch ihre Kegelform, die Rippenstruktur und die stets gleich grossen Deckel und Öffnungen haben sie eine gemeinsame, stets wiedererkennbare Form. Diese bringt auch weiteren Nutzen, kann doch dank der Rippenstruktur 25 Prozent Material gespart werden. Die stabile Form lässt sich nach Gebrauch auch spielend leicht zusammenquetschen, die Abfallmenge wird geringer.

Das Öffnen der Flasche ist äusserst kundenfreundlich. Schnell ist der Deckel ab, die Alufolie, die Schutz vor Licht und Sauerstoff bietet, lässt sich spielend leicht abreissen. Die Abrisskante, die zum Vorschein kommt, ermöglicht gleichzeitig ein tropffreies Ausgiessen und problemloses Trinken. Und schliesslich lässt sich die Flasche wieder verschliessen und in den Kühlschrank stellen.

Zweieinhalb Jahre arbeitete Thomas Liebe an diesem Mehrfachprojekt. Auch hier: ein Erfolg.

Nächste Projekte

Thomas Liebe perfektioniert aber nicht nur all die entscheidenden Zutaten für die Kaffeekränzchen von Frau Burger und vielen anderen. Weitere Projekte drehen sich zum Beispiel um Bonbons und Pakete.

So hat er gemeinsam mit Hoffmann Neopac eine Dose entwickelt, die sich nur mit einer Hand öffnen lässt. Ein Klick mit Wirkung, in Dänemark ist diese neue Verpackung bereits erfolgreich lanciert.

Daneben will Thomas Liebe mit der sogenannten «No box» die Welt der Transportverpackungen revolutionieren. Die Box besteht zwar, wie zahlreiche andere Verpackungen auch, aus Schaumstoffelementen und Wellkarton.

Der Karton ist dabei aber nicht als komplette Box ausgebildet, sondern auf das funktional Notwendige reduziert. Als Kartonmanschette hält er die Schaumstoffhälften zusammen. Frech und umweltbewusst das ganze. Und wenn es nach Thomas Liebe geht, vielleicht schon bald bei den Poststellen erhältlich. Bei so viel guten Ideen für unsere kleinen Alltagsproblemchen sollte man Thomas Liebe doch direkt ein (Kaffee-) Kränzchen widmen. Frau Burger und ihre Freundinnen wären sicher sofort dabei.

Der Bund, 4. August 2001

IM PROFIL

Sein eigener Chef sein

RES REINHARD (35)

aus Biglen hat zwölf Jahre lang auf der Gemeindeverwaltung in Worb gearbeitet und war dort unter anderem für den Internetauftritt verantwortlich. Ende Mai hat er sich selbständig gemacht und «Reinhard's OIK Services» gegründet.

«Ich könnte mich nicht mehr anstellen lassen. In den letzten Jahren habe ich gemerkt, dass ich nicht der Typ dazu bin. Ich will mein eigener Chef sein und meine Kreativität ausleben. Wahrscheinlich rührt dieses Verlangen von meiner nebenamtlichen Tätigkeit her, die ich seit einigen Jahren betreibe. In meiner Freizeit führe ich nämlich die Beschallungs- und Beleuchtungsfirma 'Reinhard's World of Music'»

«Natürlich macht mir und meiner Familie die Unsicherheit, die mit meiner neuen Arbeit verbunden ist, zu schaffen. Meine Frau war, als ich mich selbständig gemacht habe, eher skeptisch. Das hat mir aber gut getan, so bin ich mit den Füssen am Boden geblieben. Mittlerweile ist ihr Optimismus gewachsen. Auch Freunde haben sich gewundert, dass ich einen scheinbar sicheren Arbeitsplatz verlassen habe. Aber ich wollte mich dieser neuen Herausforderung stellen. Sie bringt zusätzlich zur Verantwortung für die Familie auch Verantwortung gegenüber den Angestellten mit sich. Es ist eine spezielle Anforderung, herauszufinden, wie viele Leute und wen ich anstelle. Zurzeit arbeitet eine langjährige Bekannte an zwei Vormittagen pro Woche als Sekretärin bei mir. Im August beginnt zusätzlich ein Absolvent der Handelsschule mit einem 80-Prozent-Pensum. Von ihm erhoffe ich mir Entlastung, denn im Herbst möchte ich eine Woche Ferien machen. Das ist jetzt gar nicht mehr so einfach zu organisieren wie früher.»

«Meine Arbeit in den zentralen Diensten in der Verwaltung von Worb hatte auch ihre guten Seiten. Nachdem ich die Homepage der Gemeinde aufgeschaltet hatte, konnte ich überprüfen, wie stark die Seiten besucht wurden, und somit direkt den Erfolg meiner Arbeit messen. Das ist vielleicht die grösste Faszination an meiner gegenwärtigen selbständigen Tätigkeit: Ich kann den Erfolg meiner Arbeit direkt überprüfen und bestimme den Lohn durch meine Leistung selber. »

«Im Gegensatz zu anderen Firmen liefern wir unseren Kunden nicht nur die Homepage, sondern bewirtschaften sie auch. Viele Firmen und Gemeinden verfügen heute über einen Internetauftritt, haben aber nicht genügend Know-how oder Zeit, diesen zu aktualisieren. Diese Seiten werden dann einfach nicht mehr genutzt. »

« Rückblickend bin ich sehr zufrieden mit den letzten beiden Monaten. Ich habe nun jene Freiheit, die ich mir wünschte. Ich würde wieder so entscheiden, obwohl die Hürden für eine Firmengründung recht hoch sind. Der ganze Papierkrieg ist noch nicht beendet, ich hatte bisher einfach keine Zeit, alles zu erledigen, obwohl meine Arbeitsbelastung nicht unbedingt grösser ist als früher. Ich war immer schon ein engagierter Berufsmann.»

GESPRACH: DURI BEER

Der Bund, 7. November 1987

Seit 1959 bildet er an der Uni nicht nur Chemiker sondern auch Pharmazeuten und Mediziner aus

Chemie-Professor Paul Schindler 60jährig

Heute Samstag feiert Paul Schindler, Ordinarius für anorganische Chemie, seinen 60. Geburtstag. Paul Schindler absolvierte das Studium der Chemie an der Universität Bern und promovierte daselbst mit einer Dissertation über basische Salze bei Professor Walter Feitknecht zum Dr. phil. nat. In der Folge war er als Oberassistent am Institut für anorganische, analytische und physikalische Chemie der Universität Bern tätig und betreute, ab 1959 als Lektor, das Praktikum der Medizinstudenten in anorganischer und analytischer Chemie.

Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt am Karolinska Institut in Schweden bei Lars Gunnar Sillén, einem der Pioniere der Chemie in wässrigen Systemen, begann seine intensive Beschäftigung mit den Oberflächenphänomenen, die bei der Auflösung eines festen Stoffes in einer wässrigen Lösung stattfinden. Entsprechend handelte denn auch seine 1962 verfasste Habilitationsschrift von Lösungsgleichgewichten in wässrigen Systemen.

Nach dem frühen Tod von Professor Wilhelm Buser im Jahr 1961 musste Paul Schindler innert kürzester Zeit die gesamte Ausbildung in analytischer Chemie für Studierende der Chemie, der Pharmazie und anderer Naturwissenschaften übernehmen. Nach einem einjährigen Weiterbildungsaufenthalt am National Bureau of Standards in Washington erfolgte 1966 seine Beförderung zum ausserordentlichen Professor und 1970 zum Ordinarius. Weitere Ausbildungsaufenthalte erfolgten im Sommersemester 1974 an der ETH in Zürich sowie im Wintersemester 1981/82 in Japan und Australien.

Das Forschungsgebiet Paul Schindlers erstreckt sich von Untersuchungen zur Löslichkeit eines Stoffes, die auf den ersten Blick vielleicht bloss von theoretischem Interesse zu sein scheinen, über die mineralische Verwitterung, die ja auch eine Auflösung fester Stoffe in wässriger Lösung darstellt, bis hin zur Chemie in Gewässern und zu Problemen der Bodenchemie. Es gelang ihm damit vorzüglich, theoretische Ansätze auf praxisnahe Probleme zu beziehen, die gerade in unserer, der Umwelt vermehrt Beachtung schenkenden Zeit von grosser Aktualität und Tragweite sind.

In den Jahren 1975 und 1976 stand Paul Schindler der Philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät als Dekan vor. Von 1981-1985 amtierte er als Direktor des Instituts für anorganische, analytische und physikalische Chemie. Ferner war er während vieler Jahre Mitglied des Vorstands der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft und in den Jahren 1975-1977 deren Präsident.

Zeit seines Wirkens an der Universität Bern beteiligte sich Paul Schindler intensiv an der Ausbildung der Medizinstudenten im Fach Chemie, sei es mit dem Chemie-Praktikum für Mediziner oder in Form der in all den Jahre gehaltenen Hauptvorlesung über anorganische Chemie. So werden sich denn neben der Vielzahl von Kollegen und ehemaligen Schülern auch viele ehemalige Medizinstudenten meinen herzlichen Glückwünschen zum Geburtstag anschliessen.

Prof. Walter Riesen

Berner Landbote, 22. Februar 2001

«Ig bi mit em Härz bir Sach!»

Helga Schneiter aus Worb spielt Eishockey in der Schweizer Damennationalmannschaft. Doch das Fraueneishockey steckt in der Schweiz noch in den Kinderschuhen.

Marc Bächler

Wer Helga Schneiter sieht, kann es kaum glauben, dass ausgerechnet sie Eishockey spielt. Viel zu hübsch für solch einen harten Sport, könnte man denken. «Dameneishockey ist nicht so kraftbetont» erklärt mir die junge Spielerin. Das Damenspiel sei viel dynamischer, es werden mehr Laufqualitäten als pure Kraft verlangt. Doch nur «nett» sind die Spielerinnen untereinander auch nicht. «Schlägereien sind sehr selten, diese gibt es nur, wenn sich die eine oder andere Spielerin provozieren lässt.»

Verpasste Chancen

Vorletztes Wochenende fand in Engelberg die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Salt Lake City statt. Leider hat es nicht geklappt. Zwar begannen die Schweizerinnen stark und bezwangen den späteren Sieger Kasachstan mit 7:1 Toren, doch konnte man diese Form nicht für die nächsten Spiele beibehalten. Helga Schneiter hat schon einige Rückschläge einstecken müssen. So wurde sie noch nie für eine Weltmeisterschaft aufgeboten, obwohl sie schon lange in der Nationalmannschaft spielt. Ein Aufgebot ist natürlich nicht selbstverständlich. Doch Helga Schneiter trauert den verpassten Chancen trotzdem etwas nach. «Ich bin mit ganzem Herzen beim Eishockey. Als ich nicht an die WM in Kanada konnte, brach für mich eine Welt zusammen.» Ein weiteres Problem sei die geringe Unterstützung die Dameneishockey in der Schweiz erfahre, auch wenn sich das in der letzten Zeit stark verbessert habe. Doch Helga Schneiter ist mit ihren 21 Jahren noch jung und übertriebene Zukunftspläne hat sie nicht. Klar würde sie gerne in Kanada oder Schweden spielen. Sie ist aber realistisch genug, um sich nicht von Träumereien hinreissen zu lassen. Im Moment spielt sie in der NLA bei Reinach, wo es ihr gut gefällt.

Schule-Training-Schlafen

Helga Schneiter besucht das Gymnasium in Bern. Im Sommer wird sie dieses mit der Matura beenden. Gerne hätte sie das Sportgymnasium besucht, um mehr Zeit für das Training zu haben, doch dies war finanziell nicht möglich. So muss sie versuchen, Sport und Schule unter einen Hut zu bringen. «Wenn ich unter der Woche ein Spiel habe, kann es schon vorkommen, dass ich erst um drei Uhr morgens zum Schlafen komme.»

Doch Angst, die Matura nicht zu schaffen, hat Helga Schneiter nicht. Sie ist überzeugt, die Doppelbelastung zu überstehen.

Nach der Matura möchte sie gerne studieren. An der Universität Bern hat sie sich für Biologie angemeldet. Um für eventuelle Abenteuer gut vorbereitet zu sein, will sie sich nicht nur auf den Sport konzentrieren.

Der Bund, 23. September 1988

Neuer Stabschef der Stadtpolizei

Ernst Sigrist

skb. Der neue Stabschef und Chef Stabsabteilung der Stadtpolizei Bern heisst Ernst Sigrist. Der 47jährige war bisher Chef des Sicherheitsdienstes der Bundesverwaltung und tritt die Nachfolge Charles Raedersdorfs an.

Ernst Sigrist ist dem Polizeikorps nicht unbekannt: Der diplomierte Ing. HTL hatte bereits von 1968 bis 1982 als Kommissär und später als Chef der Verkehrsabteilung bei der Berner Stadtpolizei gearbeitet. In der Folge trat er zur Bundesverwaltung über und übernahm nach der Wahl von Christoph Hoffmann zum Kommandanten der Stadtpolizei an dessen Stelle die Leitung des Sicherheitsdiensts, die er noch bis Ende Jahr innehat. In der Armee war Sigrist Adjutant eines Flabregiments. Als Stabschef hat Polizeimajor Ernst Sigrist die Planung und Koordination des Polizeikorps zu leiten. Zudem wird er die Stabsabteilung führen.

Der bisherige Stabschef und Chef Stabsabteilung der Stadtpolizei, Charles Raedersdorf, ist ab 1. November Delegierter für Katastrophenhilfe im Ausland und Chef der Abteilung für Humanitäre Hilfe im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten.

BZ, 7. Februar 2003

Mobil in seinen vier Wänden

Michel Steiner ist seit seiner Geburt auf einen Rollstuhl angewiesen. Doch statt im Heim wohnt er in einer eigenen Zweizimmerwohnung in Worb. Konzerte und der SCB sind seine Hobbys.

Sandra Rutschi

Eine gewaltige Ansammlung von CDs und DVDs trennt das Wohnzimmer von der Küche. Auf dem Esstisch liegen Krimis von Jeffery Deaver, Agatha Christie und Marie Higgins-Clark sowie ein Reiseführer für die Toskana. «Ich will dort dieses Jahr mit ein paar Freunden auf Reisen gehen», erklärt Michel Steiner mit glänzenden Augen. Auf dem grossen Schreibtisch stehen ein Computer und viele Ordner. Darüber hängen ein Eishockeystock, Trikots und ein Schal in den Farben Schwarz, Gelb und Rot. Eine gerahmte Collage zeigt Bilder vom Abschied Renato Tosios. «Ich verpasse selten ein Heimspiel des SC Bern», schmunzelt Steiner und fährt mit seinem Elektro-Rollstuhl näher heran, um an die Wand geheftete Fotos von Freunden und Familie zu zeigen.

Zu wenig Sauerstoff

Nebst dem SCB sind Rockkonzerte Steiners grosse Leidenschaft. Und dies, obschon er auf den Rollstuhl angewiesen ist. Bei seiner Geburt hat der heute 32-Jährige zu wenig Sauerstoff erhalten und kann deshalb seine Beine nicht benutzen.

Geistige Behinderungen trug Steiner allerdings nicht davon. «In der Sonderschule für Körperbehinderte in Wetzikon fühlte ich mich zu wenig gefordert und wurde deswegen wohl etwas faul», erinnert er sich. Eigentlich hätte er gerne die Sekundarschule in einem Nachbardorf seines Heimatdorfs St. Gallenkappel im Kanton St. Gallen absolviert. «Doch der Schulrat wollte nicht, obschon ich ausser beim Turnunterricht überall hätte mitmachen können», sagt Steiner. Auch ein Lift habe in der Schule gefehlt; einen einzubauen sei damals als zu viel Aufwand empfunden worden. Machte ihn das nicht wütend? «Nein, ich habe mich nie über solche Sachen aufgeregt, das bringt ja nichts. Meine Eltern hingegen waren sehr enttäuscht», blickt er zurück. Sie wünschten sich, dass ihr Sohn mehr Kontakt zu gleichaltrigen Nichtbehinderten aus dem Dorf hätte pflegen können. Um ihn trotzdem zu integrieren, schickten sie ihn in Sommerlager der evangelischen Kirche mit.

Beruflich weiterbilden

Nach einem zehnten Schuljahr begann Michel Steiner die Bürolehre. Die vierjährige Ausbildung wurde für körperlich Behinderte nur im Rossfeld angeboten, und deshalb zog Steiner 1987 nach Bern. Noch heute arbeitet er zu 65 Prozent im Bürozentrum Rossfeld als Buchhalter in der Adressverwaltung. «Dort bin ich am meisten gefordert und verstehe mich sehr gut mit meinen Arbeitskollegen», so Steiner. Trotzdem würde er sich gerne beruflich neu orientieren, einen Beruf ausüben, in dem auch seine Hobbys Sport und Musik nicht zu kurz kämen. Doch es sei schwierig, etwas Geeignetes zu finden.

Freier als im Heim

Während seiner Lehre wohnte Michel Steiner drei Jahre im Internat Rossfeld. Weil nicht absehbar war, dass er einmal alleine wohnen oder die Stelle im Rossfeld aufgeben würde, wurde er ins Wohnheim verlegt. «Eigentlich hat es mir im Internat besser gefallen. Der Gruppenzusammenhalt war stärker, und das Personal wechselte nicht ständig», sagt Steiner. Trotzdem wohnte er drei weitere Jahre im Wohnheim, bis seine damalige Freundin ebenfalls im Rossfeld die Lehre abgeschlossen hatte. Dann zogen sie aus. Steiners Freundin, zwar gehbehindert, aber nicht auf den Rollstuhl angewiesen, betreute ihn voll. Drei Jahre wohnte er gemeinsam mit ihr, nach der Trennung ein weiteres Jahr am Eigerplatz.

Seit sechs Jahren in Worb

Bereits als die beiden noch zusammen waren, erzählten ihnen Bekannte von einem Haus in Worb: Alle Wohnungen würden rollstuhlgängig sein, aber auch Nichtbehinderte sollten dort wohnen dürfen. «Sie wollten die Begegnung und das Zusammenleben von Behinderten und Nichtbehinderten bewusst fördern. Die Idee gefiel mir», sagt Michel Steiner. Und sie setzte sich auch durch: Im Haus wohnen fünfzig Prozent Nichtbehinderte.

Seit sechs Jahren wohnt Michel Steiner in Worb. Morgens, nach Feierabend und abends wird er von der Spitex betreut, mit dem Betax (Behindertentaxi) geht er zur Arbeit. Bei Notfällen wäre eine Betreuung innerhalb einer Viertelstunde bei ihm zu Hause. «Ich fühle mich sehr wohl hier», so Steiner. Im Heim sei die Kontrolle strenger gewesen, und das Privatleben habe dort gelitten. «Ich werde hier mehr als die Person akzeptiert, die ich bin.»

Bantiger Post, 21. Juni 2002

Neuer Gemeindeleiter für St. Martin Worb

Eine offene Kirche als Ort der Begegnung

Urs Stierli-Fürst heisst der neue Pfarreileiter für die katholische Bevölkerung der Gemeinden Worb und Vechigen. Am vergangenen Sonntag wurde er in der Kirche St. Martin von Regierungsstatthalter Hermann Kirchhofer und Co-Dekan Karl Graf feierlich in sein Amt eingesetzt. Urs Stierli wünscht sich die Kirche in Worb als ein offenes Haus, in dem sich die Menschen begegnen und wohlfühlen.

eps. Erst auf dem dritten Bildungsweg entschloss sich Urs Stierli-Fürst für das Theologiestudium. Bereits als gelernter Drogist hatte er jedoch die Sorgen und Nöte der Mitmenschen in der aargauischen Dorfdrogerie Muri kennengelernt. Weitere bereichernde Erfahrungen sammelte er in der Pfarrei Baden als Katechet und Jugendseelsorger. Nach dem Studium in Luzern arbeitete Stierli als Pastoralassistent in der Zuger Pfarrei Steinhausen. Und nun hat er als Katholik - gemeinsam mit seiner Frau Cornelia Fürst Stierli - den Weg ins mehrheitlich reformierte Bernbiet gewagt.

Arbeit im Team

Worb erfüllt all jene Bedingungen, welche Urs Stierli-Fürst mit einem allfälligen Stellenwechsel verknüpfte. «Ich wollte in eine neue Region aufbrechen an einen Ort, der stadtnah gelegen ist.» Und auch den dritten Wunsch konnte ihm die Pfarrei St. Martin erfüllen: Stierli führt sein Amt nicht alleine, sondern in Zusammenarbeit mit seiner Kollegin Eugénie Lang Ruf.

Faszinierender Kirchenbau

Der neu installierte Gemeindeleiter hat sich aber nicht nur aus diesen Gründen für Worb entschieden. «Ich war schön beim ersten Besuch fasziniert vom unkonventionellen Bau der Kirche St. Martin.» Stierli spricht gar von einem richtiggehenden «Aha-Erlebnis» und sinniert: «Der Blick vom Kirchenraum hinaus aufs Kreuz jenseits des Wassers weckt in mir das Gefühl des Unendlichen und schenkt mir gleichzeitig Hoffnung, dass es auch auf der anderen Seite unseres Daseins noch etwas gibt.» Auf die dominierende weisse Farbe angesprochen, meint der neue Pfarreileiter: «Gerade diese farblose Helligkeit des kirchlichen Zentrums macht es den Menschen möglich, ihre eigenen bunten Tupfer anzubringen.»

Für eine Partnerschaft

Urs Stierli ist seit zwei Jahren mit Cornelia Fürst verheiratet. Er hat sich bewusst für eine Partnerschaft entschieden und dafür auf die Priesterweihe verzichtet. Er sei nicht grundsätzlich gegen das Zölibat, betont der Pastoralassistent, «aber ich befürworte eine Erweiterung der Zulassungsbedingungen für das Priesteramt». Im Klartext: Männer und Frauen sollten laut Stierli aufgrund ihrer Berufung - auch ohne Zwang zur Ehelosigkeit zum Priester/zur Priesterin gewählt werden können.

Menschen und Gott begegnen

Viel wichtiger als die Frage, ob Priester oder Pastoralassistent, ist für Urs Stierli die Freude an seiner neuen Aufgabe. «Ich bin gerne mit Menschen zusammen und möchte mit ihnen unterwegs auch Gott begegnen.» Er sei sich dabei bewusst, so der Gemeindeleiter, dass man die schönen Momente viel leichter als Gott gewollt hinnehmen könne als Schicksalsschläge oder Lebenskrisen. «Trotzdem ist es gut zu wissen, dass es zwar auf uns Menschen ankommt, aber nicht alles von uns alleine abhängt.»

Mit den Leuten reden

Urs Stierli-Fürst wünscht sich das kirchliche Zentrum als ein Ort, «wo die Menschen gerne hingehen, wo sie spüren, dass sie als Persönlichkeit ernstgenommen werden». Seine Kollegin Eugénie Lang Ruf und er seien bereit, mit den Leuten über Gott und die Welt zu reden. Auch kritische Gedanken müssten in solchen Gesprächen Platz haben. Es bringe nichts, so Stierli, sich gegenseitig nur auf die Schultern zu klopfen.

St. Martin Worb

Die 1998 errichtete Pfarrei St. Martin betreut rund 2300 Katholiken der politischen Gemeinden Worb und Vechigen. Als Nachfolger von Luisa Heislbetz - sie wechselte ins Personalamt des Bistums Basel - ist der 36-jährige Urs Stierli-Fürst installiert worden. Als Pfarreileiter erfüllt er die gleichen Pflichten wie ein Priester. Ausnahmen: Er darf keine Eucharistie feiern, keine Beichte hören und keine Krankensalbungen spenden.

Landbote, 5. Oktober 2006

Worb

Nachruf Walter Trindler

Am 15. September ist Walter Trindler nach schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren verstorben. Auf Wunsch der Familie hat die Trauerfeier im engsten Kreis stattgefunden.

Im Dezember 1972 wurde Walter Trindler von den Stimmberechtigten der Gemeinde Worb zum ersten vollamtlichen Gemeindepräsidenten gewählt. Zusammen mit dem vollamtlichen Gemeindepräsidium wurde ab 1. Januar 1973 auch das 40-köpfige Parlament, der Grosse Gemeinderat, eingeführt.

Walter Trindlers Amtszeit fiel in eine Zeit des starken Wachstums von Worb. So wurde unter anderem Mitte der 70er-Jahre das Schulzentrum im Worbboden geplant und gebaut. Als Folge der starken Entwicklung der Gemeinde Worb mussten auch die Strukturen der Verwaltung den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Walter Trindler hat diese Anpassungen massgeblich und engagiert mitgeprägt.

Auch auf der Ebene der kantonalen Politik war Trindler während Jahren aktiv. Von 1980 bis 1986 vertrat er die FDP im Grossen Rat des Kantons Bern. In dieser Zeit leitete er auch die FDP des Amtes Konolfingen als Präsident. Nachdem Walter Trindler in seiner letzten Amtszeit mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, verzichtete er im Jahre 1988, nach 16 Amtsjahren, auf eine Wiederwahl. Wir danken Walter Trindler für seine langjährige Tätigkeit im Dienste der Öffentlichkeit und sprechen den Angehörigen unser tiefempfundenes Beileid aus.

Für den Gemeinderat Worb
Peter Bernasconi Gemeindepräsident

Der Bund, 5. November 2007

«Das hält den Geist frisch»

Der als Worber «Behördenschreck» geltende Werner Tschaggelar wird heute 100 Jahre alt

Seinen 30-jährigen «Kampf» gegen die Behörden mag Werner Tschaggelar auch mit 100 nicht aufgeben - der nächste Brief ist schon aufgesetzt.

CATHERINE ARBER
TschaggelarAuf seinem Notizblatt ist keine Weissfläche mehr zu sehen. Mit Kugelschreiber hat Werner Tschaggelar ein paar Gedanken zu Papier gebracht. Dinge, die er unbedingt sagen will, die er loswerden muss. Einmal mehr. Vor allem die Geschichte von seinem «Kampf» gegen die Behörden, den er seit 1976 führt. «Mir geht es um die direkte Zufahrt zu meiner Liegenschaft», wird er im Gespräch mehrere Male wiederholen. Dass die Einmündung von der Worber Bernstrasse in den Sportweg für den Verkehr geschlossen ist und die direkte Zufahrt zu seiner Garage verbaut wurde, macht ihn wütend. Dies, obschon er nicht mehr Autofahren darf. Er, der bis kurz vor seinem 100. Geburtstag noch mit seinem Döschwo Spritzfahrten in der Region unternahm und als möglicherweise ältester Autofahrer im Kanton galt. «Ich tue das für die nachfolgenden Generationen», sagt Tschaggelar, der drei Töchter, zehn Enkel und dreizehn Urenkel hat.

«Tue recht, scheue niemand»

Um sein Anliegen durchzusetzen, machte Tschaggelar die Worber Behörden halb wahnsinnig, schöpfte alle rechtlichen Möglichkeiten aus, und war gelegentlich auch in der Wahl seiner Mittel nicht gerade zimperlich. Etwa, als die Bundesanwaltschaft in seinem Chalet an der Bernstrasse aufkreuzte, weil er gegen einen Bundesrat Drohungen ausgestossen hatte. Seinen Karabiner und die zwei Schreibmaschinen hätten die Polizisten beschlagnahmt, erzählt er. Doch Tschaggelar wusste sich zu helfen: Er lieh sich von einem Freund eine alte Schreibmaschine aus und schrieb den Bundesbehörden, dass sie seine Maschinen ruhig noch ein wenig behalten dürften.
«Auf meinen Ruf als ‚Behördenschreck' bin ich stolz», sagt Tschaggelar, der heute seinen 100. Geburtstag feiert und vom Regierungsstatthalter und dem Worber Gemeinderat Besuch bekommt. «Meine Devise ist: Tue recht und scheue niemand», sagt er. Religiös sei er nicht. «D Mueter», seine Frau Hanni Tschaggelar, mit der er im 76. Jahr verheiratet ist, gehe jeden Sonntag in die Predigt - und bete dann auch ein wenig für ihn. «Ich lasse sie machen», sagt er und lächelt ihr verschmitzt zu.

Zu «Friedensgesprächen» bereit

Jeder Millimeter auf der Vorder- und auf der Rückseite des Blatts ist vollgeschrieben, und jetzt sitzt Werner Tschaggelar an seinem Stubentisch und tippt seine Notizen auf der kleinen Schreibmaschine ins Reine. Auch vorletzten Sonntag sass er wieder an seinem Stubentisch und schrieb dem Worber Gemeindepräsidenten einen Brief. Es war nicht der Erste. In sechzehn Bundesordnern hat er seine Korrespondenz mit den Behörden festgehalten, fein säuberlich nach Jahren aufgeteilt «Viele Briefe habe ich gar nie abgeschickt», sagt er. Wenn er wieder einmal wütend gewesen sei, habe er sich nachts hingesetzt und zum Kugelschreiber gegriffen - und dann wieder ruhig schlafen können.
Doch jetzt, kurz vor seinem 100. Geburtstag, habe er sich mit dem Gemeindepräsidenten zum «Friedensgespräch» treffen wollen. «Wir konnten anständig miteinander reden», beschreibt der 100-Jährige das Treffen von vergangenem Mittwoch. «Wir sind gut miteinander ausgekommen», sagt auch Gemeindepräsident Peter Bernasconi. Eigentlich wisse er gar nicht mehr, worum es Tschaggelar eigentlich gehe. «Er hat ja alles.» Laut einem Entscheid des Kreisoberingenieurs sei es ihm erlaubt, eine andere, direkte Einfahrt zu seinem Haus, nämlich von der Bernstrasse her in den Garten, zu bauen. Davon will Tschaggelar nichts wissen: «Ich gebe doch den Krieg nicht auf», entfährt es ihm. Er gibt unumwunden zu, dass er die ewige Zankerei auch aus gesundheitlichen Gründen nicht aufgeben mag, obschon ihn seine Frau und die Töchter zum Aufgeben gemahnen: «Das hält den Geist frisch.»

«Er hat zwei Naturen»

«Er hat zwei Naturen», sagt Hanni Tschaggelar über ihren Ehemann. Da sei der Werner Tschaggelar mit seinem unermüdlichen «Kampf» gegen die Behörden. Und da sei der Werner Tschaggelar, der den Leuten gerne eine Freude mache. Zum Beispiel mit seiner Musik: Klarinette und Posaune spielt er, und manchmal, wenn das Ehepaar auswärts essen geht, steht er plötzlich auf und gibt dem Publikum ein Ständchen zum Besten - und der Kaffee wird dann offeriert. Werner Tschaggelar führts gleich vor, springt von seinem Stuhl am Stubentisch auf und setzt zu «Sag Dankeschön mit roten Rosen» an. Das Lied handle auch vom Nachgeben in der Ehe, erklärt er.
Seine Lieblingsbeschäftigung, das Ausfahren mit Hanni an schönen Tagen, hat er aufgeben müssen, nachdem ihm die Polizei beschied, er fahre mit Röhrensicht. Ein Auto hatte er sich erst mit 50 Jahren zugelegt, als der gelernte Schreiner und Maschinenmeister eine eigene Werkzeugschärferei eröffnete. Jetzt musste Tschaggelar seinen Döschwo schweren Herzens verkaufen - und erstand auf seiner letzten Fahrt ein rotes Elektromobil. Das fährt zwar nur noch zehn Stundenkilometer, er hat aber einen Trick herausgefunden, wie der Vierräder noch etwas schneller fahren kann.
Vor einem Jahr habe er einen Blutsturz gehabt, erzählt Tschaggelar. «Mueter, ich mag nicht mehr», habe er zu seiner Frau gesagt. Doch der Arzt habe gesagt, dass «ds Pumpeli» doch noch ganz gut gehe. Und Tschaggelar setzte sich daheim in seinem Chalet wieder an den Stubentisch und setzte mit Kugelschreiber den nächsten Brief auf.


Der Bund, 5. November 2007

BZ, 5. November 2007

WORB

«Der Kampf gegen Behörden hat mich frisch gehalten»

Werner Tschaggelar feiert heute in Worb seinen 100. Geburtstag. Im Ort ist Tschaggelar auch als Behördenschreck bekannt. Der Kampf gegen die Instanzen habe ihm geholfen, seinen Geist wach zu halten, sagt der Jubilar.

TschaggelarLachend trägt Werner Tschaggelar sein Erfolgsrezept für ein langes Leben vor: «Musik, Arbeit und Gesang machen das Leben lang.» Musikalisch war Werner Tschaggelar lange in der Blaukreuzmusik Worblental tätig, heute beschränkt er sich auf das Singen. «Erst letzten Sonntag habe ich in der Beiz gesungen, und es ist gut angekommen», erzählt Werner Tschaggelar.

Der Behördenschreck

Doch der Jubilar kann auch ganz andere Töne anschlagen: In Worb ist Werner Tschaggelar nämlich auch als Behördenschreck bekannt. Während 31 Jahren kämpfte er um die Zufahrtsregelung beim Sportweg und die Zufahrt zu seinem Haus gegen die Instanzen.
Er verschickte Hunderte von Briefen an Behörden und Gerichte, ja sogar an den Bundesrat. Die Akten zum Prozess füllen sechs grosse Bundesordner. «Der Kampf gegen die Behörden hat sicherlich geholfen, meinen Geist frisch zu halten», erklärt der Behördenschreck mit einem Lächeln. Noch heute kommt er aber jedes Mal in Rage, wenn er. vom Prozess erzählt.
Lieber redet er deshalb von der Schulzeit, in der er «kein einziges Mal gefehlt» hat. «Werner war schon immer eine gesunde Natur», so seine Frau Hanni, mit der er seit 73 Jahren verheiratet ist.
Nach einem Welschland-Jahr machte Werner Tschaggelar eine Lehre als Schreiner und bildetet sich später zum Maschinenmeister weiter. Mit 50 eröffnete er eine Werkzeugschärferei, die heute bereits in der dritten Generation geführt wird. «Als ich 70 war, hat mein Schwiegersohn das Geschäft übernommen», so Werner Tschaggelar, der nach der Pensionierung mit seiner Frau die Welt bereiste. «Die beiden Reisen nach Israel waren am eindrücklichsten», sind sich die beiden einig.

Fünf Jahre Aktivdienst

Es gab jedoch auch weniger schöne Zeiten in Werner Tschaggelars Leben. «Die fünf Jahre im Aktivdienst waren eine schlimme Zeit», erinnert er sich. Vor allem für seine Frau Hanni war es hart. Sie war damals mit dem zweiten Kind schwanger und musste die Familie alleine durchbringen.
«Die Unterstützung vom Bund war sehr gering, weshalb es auch finanziell schwierig war», so Werner Tschaggelar, der damals mit seiner Seitenwagen-Harley Offiziere herumchauffieren musste.

Töff und «Deux Chevaux»

Werner Tschaggelar war bis zu seinem 50. Lebensjahr begeisterter Töfffahrer. Dann stieg er vom Töff auf den Citroën 2CV um, mit dem er bis vor kurzem noch Ausflüge machte. «Jetzt darf ich nicht mehr fahren, dafür habe ich ein Steckmobil», erzählt Werner Tschaggelar von seinem neuen Elektromobil. «Ich bin sehr dankbar für das Zusammensein mit meiner Frau im eigenen Haus, es ist ein Geschenk von oben», sagt Werner Tschaggelar.
Er und seine Frau haben drei Töchter, zehn Enkelkinder, und in den nächsten Tagen soll der dreizehnte Urenkel das Licht der Welt erblicken.
Lukas Schwab