RÜFENACHTWorbs Weg vorbei an RüfenachtWer nicht hin will, fährt dran vorbei. Links liegen gelassen fühlt sich Rüfenacht (rechts) auch von Worb.Wer nicht ganz gezielt nach Rüfenacht will, lässt das Dorf an, der Strasse zwischen Gümligen und Worb liegen - links oder rechts, je nach Fahrtrichtung. Hin und wieder soll es vorkommen, dass Ortsunkundige selbst dann an Rüfenacht vorbeifahren, wenn sie eigentlich ganz gerne hin möchten weil sie die Abzweigung bei der «Sonne» verpassen. Rund 3500 Menschen leben heute im einstigen Bauerndorf, viele in Wohnblöcken aus den Sechziger- und den Siebzigerjahren. Weiter oben am Hang breiten sich Einfamilienhausquartiere aus. Auf dem Sperlisacker, an bevorzugter Lage, ist eine neue Überbauung mit 40 Wohneinheiten geplant. Zwischen 5 und 6 Millionen Franken soll der Verkauf des Lands Worb einbringen - Geld, das laut Gemeindepräsident Peter Bernasconi wieder in den Kauf von Land investiert werden soll. Zusammen mit sechs weiteren Gemeinderatsmitgliedern war Bernasconi am Dienstag nach Rüfenacht gereist, um über Aktuelles zu orientieren - und um sich anzuhören, wo die Bewohnerinnen und Bewohner der Aussengemeinde der Schuh drückt. Zur Sprache kamen die Zustände an der Bernstrasse 31: In der nahezu abbruchreifen Liegenschaft quartiert die Gemeinde in einer Notwohnung Menschen ohne Obdach ein; deren Verhalten verursacht offenbar hin und wieder Ärger. Einige Fragen gabs zum Projekt Sonnenkreisel. Nach wie vor für Unmut sorgt, dass der Bahnübergang Vielbringenstrasse geschlossen wird und der Bau einer Fussgängerunterführung aus finanziellen Gründen nicht drinliegt. Geschildert erhielt der Gemeinderat die prekären Platzverhältnisse in Bibliothek und Ludothek. Die Gegner der geplanten Natelantenne im Hölzihüsi wollten von ihm wissen, weshalb er der kantonalen Baudirektion ihre Beschwerde gegen das Orange-Vorhaben zur Ablehnung, empfohlen habe. Werde diese Antenne gebaut, sagte ein Rüfenachter, «dann leben wir hier wirklich im Getto». Damit brachte er auf den Punkt, was schon andere mit spitzen Bemerkungen angetönt hatten: Rüfenacht fühlt sich von Worb schlecht behandelt. In einem Brief in der «Worber Post» drückte es die frühere FDP-Gemeinderätin Rosmarie Ueltschi krasser aus: Jahrzehntelang sei Rüfenacht ausgebeutet worden. Am Infoabend rief sie zu einem Kurswechsel auf: «Beenden wir unsere Knechttierexistenz. Werden wir selbstbewusster und formulieren wir unsere Wünsche». Erfüllt werden sollen diese, so Ueltschis Forderung, mit dem Erlös aus dem Sperlisacker-Verkauf. 1967, mitten im Bauboom, war Rosmarie Ueltschi nach Rüfenacht gezogen. Freiwillig, so erinnert sie sich, sei damals im Bereich der Infrastruktur nichts gekommen aus Worb, «alles mussten wir uns 'erränggele und erstämpfele'». Später seien Wünsche angesichts der finanziellen Probleme der Gemeinde freiwillig zurückgestellt worden. Ausser dem Naturweg habe Worb in Rüfenacht nichts gebaut, was über das gesetzlich Vorgeschriebene hinausgehe. Dringend benötigt würde laut Ueltschi etwa eine Kindertagesstätte: «Hier leben viele alleinerziehende Frauen, und die Ausländerkinder sollten wegen der Sprache raschmöglichst integriert werden.» Unterbringen liesse sich die Einrichtung in einem «einfachen Gebäude» im Zentrum Rüfenachts. Gleichzeitig könnte dieses der Bevölkerung als Treffpunkt dienen - auch dies ein altes Anliegen. Es gehe nicht darum, alte Animositäten zwischen Worb und Rüfenacht aufzuwärmen, betont Ueltschi: «Das Spiel soll einfach nicht gleich weitergehen.» Ungewollt links liegen lassen werden Rüfenacht zumindest Auswärtige inskünftig nicht mehr: Im neuen Sonnenkreisel wird die Ausfahrt kaum mehr zu verpassen sein. Und sein Verhältnis zu Worb, so versicherte Bernasconi, sei «unverkrampft»: Sein Leben in Worb habe ja in Rüfenacht begonnen. BARBARA STEINER |